Schon einmal etwas von "Embodiment" gehört? Mit dem Begriff "Embodiment" (übersetzt "Verkörperung") will man zum Ausdruck bringen, dass der Geist immer in Bezug zum gesamten Körper steht. Dieser Ansatz aus der neueren Kognitionswissenschaft besagt, dass sich Geist und Körper wechselseitig beeinflussen. Somit wirken sich unsere körperliche Verfassung und unsere Körperhaltung maßgeblich auf unser Wohlbefinden aus und umgekehrt haben unsere Gedanken Einfluss auf unsere körperlich Gesundheit.
Ein konkretes Beispiel hierfür: Bei einer akuten Depression verändert sich die Körpersprache tendenziell in Richtung einer gekrümmteren, in sich zusammenfallenden Haltung. Die depressiven Gefühle werden im Körper sichtbar. Aber auch die Körperhaltung selbst hat Auswirkungen auf die Psyche: Wer sich beispielsweise bewusst von einer aufrechten "Brust raus"-Haltung in eine gebückte Position begibt, wird schnell merken, wie diese im Vergleich zur vorhergehenden auf die Stimmung drückt.
In Anbetracht dessen, welch großen Einfluss unsere Körperwahrnehmung auf unsere Psyche hat, lohnt es sich unsere Körpersprache einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Was fällt dir auf, wenn du dich in verschiedenen Situationen von außen betrachtest:
Neigst du dazu, dich klein zu machen, den Kopf einzuziehen und dich zu verschließen?
Oder machst du dich groß und streckst deine Brust raus, mit dem Kinn nach oben gerichtet?
Vermutlich wirst du beide Posen kennen - je nachdem, wie du dich fühlst. Wir sprechen hier (in der Sozialpsychologie) von "High Power"- und "Low Power"-Posen, die universell angewandt werden. Selbst blinde Menschen, die noch nie jemanden in einer "High Power"-Pose gesehen haben, nehmen nach einem erfolgreichen Sportwettkampf eine gestreckte Haltung ein, mit den Armen über dem Kopf im V-Format.
Interessant ist zudem, dass wir trotz unserer Spiegelneurone die Posen eben nicht spiegeln, sondern das Gegenteil vervollständigen: Begegnen wir jemandem mit sehr viel Macht, machen wir uns für gewöhnlich automatisch kleiner und gehen in eine "Low Power"-Pose.
Nun stellt sich die Frage, ob unsere Körperhaltung auch Einfluss darauf hat, wie wir selbst über uns denken und fühlen. Dazu muss zunächst geklärt werden, was dominante Menschen (die häufig eine "High Power"-Pose einnehmen) von schüchternen Menschen (die im Gegenzug mit "Low Power"-Posen nonverbal kommunizieren) physiologisch unterscheidet. Die Sozialpsychologin Amy Cuddy fand gemeinsam mit ihrem Team heraus, dass Alphamännchen mit viel Macht in Primatenhierarchien hohe Testosteron- und niedrige Cortisollevel besitzen. Bei erfolgreichen Führungskräften sieht der Hormonhaushalt nicht anders aus - auch sie weisen hohe Testosteron- und niedrige Cortisolwerte auf. Da Cortisol für das Stressempfinden verantwortlich ist, lässt sich daraus schließen, dass Menschen in Machtpositionen besser mit Stress umgehen können, weil ebendies ihre Rolle erfordert. Cuddy wollte mehr darüber wissen und ließ die Hormonkonzentration von ProbandInnen vor und nach einer Einnahme einer machtvollen "High Power"-Pose messen. Und siehe da: Nach nur 2 Minuten (!) in einer "High Power"-Pose ist der Cortisol-Spiegel bei den Probanden um durchschnittlich 25% (!) gesunken.
Wer mehr zu dieser Studie wissen möchte, findet unter folgendem Link einen höchst spannenden Ted-Talk: https://www.ted.com/talks/amy_cuddy_your_body_language_may_shape_who_you_are?trigger=15s
Auch beim Yoga werden wir dazu angehalten, uns aufzurichten - äußerlich wie innerlich.
Vielleicht weißt du, dass man im Yoga jeder Übung (Asana) eine Wirkung auf körperlicher als auch der psychischer und emotionaler Ebene zuschreibt. Was bis vor kurzem noch als spirituell belächelt wurde, ist mittlerweile physiologisch messbar. Auch wenn Yoga so viel mehr ist als eine reine Bewegungsform, ist nun (dank Amy Cuddy) bewiesen, dass alleine das Praktizieren von "High Power"-Asanas, wie beispielsweise der Krieger (auf Sanskrit Virabhadrasana), das Selbstbewusstsein stärkt und gleichzeitig das Stresslevel mindert.
Was können wir uns aus diesen Erkenntnissen mitnehmen?
Erstens: Yoga ist cool. :D
Zweitens: Nimm doch das nächste Mal, wenn du dich gestresst, unsicher oder schüchtern fühlst (z.B. vor einem Vorstellungsgespräch, einer Präsentation oder einer herausfordernden Aufgabe) eine "High Power"-Pose ein, indem du dich öffnest, dich groß machst und deine Brust rausstreckst. Wichtig ist, dass du dich davor mit einer aufrechten Körperhaltung mental stärkst und diese Chef-Pose nicht während des Gesprächs mit deinem Gegenüber einnimmst (wir wollen ja niemanden einschüchtern ;)). Also lieber einmal das Handy zur Seite legen und stattdessen ein paar Herzöffner im Yoga machen. Denn was passiert, wenn wir die Wartezeit mit dem Smartphone in der Hand verbringen? Wir werden krumm wie eine Banane und dadurch automatisch klein.
In diesem Sinne mein Appell an dich: Zeig deine wahre Größe!
EnerQigeladene Grüße
deine Christina
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